Tante María soll weg. So wollen es die Leute. Regierung will aber nicht. Um das Bergbauprojekt Tía María bei Arequipa im Süden des Landes ist Ende März ein schon Jahre andauernder Konflikt wieder aufgebrochen. Der US-amerikanische Bergbaukonzerns Southern Copper Corporation will im Valle del Tambo, einem vor allem landwirtschaftlich genutzten Tal, im großen Stil Kupfer abbauen.
Der offene Tagebau im Einzugsgebiet des Flusses Tambo verspricht eine Produktion von 120.000 Tonnen Kupfer pro Jahr über eine Zeitspanne von 21 Jahren. Southern wirbt damit, 1500 Arbeitsplätze zu schaffen und 1,4 Milliarden US-Dollar zu investieren. Aber das Bergbauprojekt wird seit Jahren von Protesten der lokalen Bevölkerung begleitet. In einem Referendum sprachen sich bereits 2009 mehr als 90% der Bevölkerung gegen Tía María aus. Bauern und Umweltschutzorganisationen befürchten dramatische Folgen für die Umwelt. Wassermangel durch den exzessiven Wasserverbrauch für die Mine, Verschmutzung von Wasser und Luft, Verdrängung der Landwirtschaft…
Die Regierung könnte vermitteln. Auf der ersten Blick scheint es, als ob sie das täte. Sie hat sogenannte mesas de diálogo, Runde Tische, eingerichtet, an denen Politiker, Unternehmer und Zivilbevölkerung zusammenkommen. Aber die lokale Bevölkerung fühlt sich nicht ernst genommen. Die Regierung steht klar auf Seiten des Unternehmens Copper. Der neu ernannte Ministerpräsident Pedro Cateriano sagt: „Wir werden so oft nach Arequipa kommen wie nötig, um dieses Projekt voranzutreiben”. Und: „Die Menschen können heute entscheiden zwischen dem Weg der Entwicklung oder der Armut”. Staatspräsident Humala sieht in Tía María eine großartige Chance, um das Land wirtschaftlich voranzutreiben. Das Landwirtschaftsministerium schweigt. Umweltminister Manuel Pulgar-Vidal verteidigt das Projekt Tía María und weist die herbe Kritik an der Umweltstudie (EIA – Estudio de Impacto Ambiental) entschieden zurück.
Eine Lösung für den Konflikt ist bisher nicht in Sicht. Seit bald einem Monat protestieren Tausende von Bewohnern der Region, Bauern und Umweltverbände mit einem Generalstreik gegen die geplante Mine, mit Protestmärschen und Straßenblockaden. Immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen Protestierenden und der Polizei. Der Minenbetreiber, Oscar Gonzales Rocha, spricht von „Anti-Bergbau-Terrorismus“. Tausende Sicherheitskräfte sind im Einsatz.
Angesichts des mehr als fragwürdigen Vorgehens der Polizei (in diesem Video sieht man, wie ein Polizist einem Protestierenden mit Gewalt eine Waffe in die Hand drückt und das Bild am nächsten Tag auf den Titelseiten mindestens einer Zeitung (El Correo) steht, untertitelt mit „así atacaron los anti-mineros/so haben die Bergbaugegner angegriffen“) wird die Wut der Menschen immer größer und die Stimmung von Tag zu Tag angespannter: Wortführer der Opposition werden festgenommen, es gibt Gewalt und Dutzende Verletzte. Vor wenigen Tagen gab es das erste Todesopfer, ein 61-jähriger Bauer starb nach Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Nach derzeitigem Stand sieht es so aus, dass Southern das Minenprojekt bis zum Jahr 2017 aussetzen wird. Die Bewohner der Region wollen aber nur noch eines: dass das Unternehmen sich komplett zurückzieht.
Tía María ist letzten Endes vor allem ein politischer Konflikt. Auf welcher Seite steht die peruanische Regierung – verteidigt sie die Souveränität ihrer Bürger oder die Interessen ausländischer Unternehmen? Werden die Stimmen der Bewohner des Tals ernst genommen oder als Terroristen diffamiert? Entscheidet sich die Regierung für die Demokratie und den Dialog oder nimmt sie den Weg des Autoritarismus und der politischen Verfolgung? Jetzt wäre der Moment, Partei zu ergreifen.
Artikel von uns zum Konflikt um Tía María, erschienen im April bei der Infostelle Peru.