Das Buch ist fertig!

Das auf Raubbau und Rohstoff-Export basierende Wirtschaftsmodell, das derzeit in vielen Ländern Lateinamerikas Konjunktur hat, hat die Armut in vielen Regionen ansteigen lassen. „Extraktivismus hat wirtschaftliche Krisen vorangetrieben und gleichzeitig Mentalitäten geschaffen, die nur auf Profit ausgerichtet sind“, urteilt Alberto Acosta, Ex-Minister für Energie und Bergbau in Ecuador und heute Vordenker der Weltanschauung des Buen Vivir – Recht auf ein Gutes Leben

Das Buch sucht  und zeigt Alternativen für ein sozialeres Modell, das mehr Wert legt auf Solidarität, Respekt gegenüber der Natur, auf nachhaltige Nutzung von Naturressourcen und nicht zuletzt auf die kollektiven Rechte von angestammten Gemeinschaften – ein Lebensmodell des Buen Vivir, allin kausay, suma kawsay, suma qamañ.

Zum Weiterlesen: ein Text (en español) vom Red Muqui zur Buchpräsentation auf der Buchmesse und unser Artikel zum Buch, veröffentlicht bei der Infostelle Peru.

Von Nebel, Wind und grünen Hügeln

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Während in Deutschland gerade die Sonne (meistens) scheint und der Sommer noch einige Wochen lang die Menschen beglücken wird  mit langen und lauen Abenden, duftenden Wiesen, Freibadbesuchen, haben wir hier auf der Südhalbkugel Winter. Wir merken das daran, dass wir morgens aus unserer Wohnung im 14. Stock in dichten Nebel gucken. Wir ziehen uns Wollsocken an und Jacken über. Am späten Nachmittag pfeift ein frischer Wind um die Häuser. Nur die Sonne geht immer zur gleichen Zeit auf und unter, daran ändert sich – so nah am Äquator – nichts.

Jetzt, wenn der Nebel über der Stadt wabert, erwachen einige der sonst so staubtrockenen Hügel in Lima zum Leben. Hinter dem bevölkerungsreichen Stadtteil Villa María del Triunfo zum Beispiel liegen die Lomas Verdes de Villa María. 1700 Hektar ist das Gebiet groß, das sich in den Wintermonaten August bis Oktober in eine leuchtend grüne Landschaft verwandelt. Dann setzen sich die Nebelschwaden (das Kondenswasser des Meeres) über den Hügeln ab und schaffen ein natürliches Bewässerungssystem. Nur wenige Kilometer vom staubigen und mit Verkehr vollgestopften Villa María entfernt herrscht hier auf einmal paradiesische Ruhe, die Füße betreten einen weichen grünen Teppich, gesprenkelt mit gelben und orangefarbenen Blumentupfern, darüber flattern Schmetterlinge. Nicht von ungefähr haben die Menschen den Hügeln hier den Namen Lomas del Paraíso gegeben, Paradies-Hügel.

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Paradiesisch ist es hier ansonsten eher weniger. Villa María und die umliegenden Hügel gelten als Rand- und Armutsbezirke. Die Straßen sind unbefestigt, die Hütten aus Pappe, Wellblech und unverputzten Ziegeln gebaut. Aufgerissene Müllsäcke stapeln sich am Straßenrand, ein paar struppige Hunde schnüffeln nach Essbarem.

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Unterwegs mit Alois Kennerknecht, einem kauzigen Agraringenieur aus dem Allgäu, der seit bald 30 Jahren in Peru lebt. Er hat Ministerien und Hilfsorganisationen bei landwirtschaftlichen Projekten in Äthiopien, Madagaskar, Haiti und Paraguay beraten. Mit dem Centrum für internationale Migration und Entwicklung (CIM) hat er Ende der 80er Jahre bei der Rehabilitierung von Terrassen und Kanälen der präinkanischen Bewässerungsanlagen mitgeholfen und Lösungen für Müll- und Abwasserprobleme gesucht, als in den 1990er Jahren in Peru die Cholera ausbrach.

„Das sind keine Armenviertel“, findet Kennerknecht. „Schauen Sie doch mal hin: die Leute sind sauber gekleidet, die haben alle Arbeit.“ Tatsächlich sieht man nicht nur Hütten, sondern auch feste Häuser mit Strom, Gas und fließendem Wasser, Kühlschrank und Fernseher. Es gibt kleine Geschäfte, eine Privatschule und eine Kita, eine Gesundheitsstation. Kennerknecht misstraut mitleidigen Spendern und beamteten Armutsbekämpfern. „Wer den Leuten Geld gibt, macht sie unmündig und passiv“, schimpft er. „Oft verfallen Projekte, weil man auf die nächste Überweisung wartet.“

P1060589In den Hügeln von Villa María nennen sie den 73-jährigen Deutschen nur „den Irren“. Denn Kennerknecht will, dass die Menschen selbst aktiv werden. Armut zu bekämpfen bedeutet für ihn, den Menschen Rechte statt Geld zu geben. Das ist nicht einfach in einer Kultur, wo sich Arme und Reiche darin eingerichtet haben, Almosen zu geben oder zu empfangen und wo Spekulanten damit die Umwelt ruinieren. Seine Touren durch die Vororte stehen inzwischen in drei Reiseführern, sagt er.  Als „Touren durch die Armenviertel“, was Kennerknecht aufregt. Ihn regt ziemlich viel auf.

„Die Politiker versorgen die Leute mit Wohnungen, dafür bekommen sie deren Stimmen“, sagt Kennerknecht. „Vor allem aber profitieren die Spekulanten. Die Besetzer sind oft gar keine Landlosen, sondern übergeben ihr Grundstück an die Bodenspekualten, die traficantes, die es mit hohem Gewinn verkaufen.“ Laut Richard Aguilar, Präsident des örtlichen Comité Ecológico de Defensa de las Lomas Villa María, schüchtern Schlägertrupps die Bürgermeister der Orte ein. „Da regt sich kein Widerstand mehr.“

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Anwohnerin der Hügel von Villa Maria, die die Ausweitung der illegalen Besiedlungen kritisch sieht

Wir fahren hinauf zu Marta, die einen kleinen Comedor (Restaurant) oben auf den Hügeln betreibt und auf dem sandigen Boden Kartoffeln und Salat zieht. Neben ihrem Häuschen steht ein Gerüst, drei Meter hoch und acht Meter lang:  ein Nebelfänger, eine Konstruktion aus Stahlrohr, Netz und einer Membran, um Feuchtigkeit aus der Luft und den Winternebeln zu filtern. Vor einigen Jahren hat die kleine deutsche Organisation Alimón sie bauen lassen, um die verdorrten Hügel wieder ergrünen zu lassen. An sich eine gute Idee: die Nebelfänger übernahmen, was bis vor 100 Jahren die Bäume getan hatten. Zusammen mit den Anwohnern hob man Wasserreservoirs aus, legte Leitungen. „Die Nebelfänger haben 15.000 Liter täglich produziert“, sagt Kennerknecht, „Das hat gut funktioniert.“

lomas1Aber bald waren die Nebelfänger unbrauchbar. Die Anwohner hielten sie nicht in Stand, die Leitungen zerfielen. Vor allem aber störten die Wasserspender die heimlichen Herrscher der Gegend, die Bodenspekulanten. Grüne Hügel, die zu einem Naturschutzgebiet werden könnten, sind ein Hindernis für illegale Siedlungen. Plötzlich vergaßen Bürgermeister ihre Versprechen, Behörden mussten prüfen, Gesetze verzögerten sich. Den deutschen Initiatoren wurde gar am Flughafen die Einreise verwehrt.

Blick ins Tal. Bis zum Horizont haben sich die illegalen Siedlungen von Hügel zu Hügel gefressen. Richard Aguilar deutet nach rechts: „Diese Häuser waren bei unserem letzten Besuch noch nicht da.“ Er erklärt, wie die Landnahme vor sich geht: Menschen besetzen ein Stück Land und bauen provisorische Holzhütten – die Bausätze dafür werden an der Straße verkauft. Wenn die Polizei die Invasion nicht sofort beendet, werden die Besetzer zu Besitzern mit Anspruch auf das Land. Nach fünf Jahren haben sie ein Recht auf Wasser- und Stromleitungen. Alles ist perfekt legal, deshalb hat der Wasserversorger Sedapal drei riesige Wassertanks in das Tal von Bellavista gebaut.

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Die Stadtverwaltung von Lima hat 2013 bei der staatlichen Naturschutzbehörde SERNANP beantragt, das 1700 Hektar große Gebiet in ein Naturschutzgebiet zu verwandeln.  Der Antrag liegt aber seitdem auf der Halde. Wenn Lima weiterhin so rasant wächst und die Hügel hinter Villa Maria immer weiter besiedelt werden, wird sich das Thema irgendwann von selbst erledigt haben.

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Lang lebe die blaue Lagune

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Schon gute zwei Wochen sind wir zurück in Lima la gris. Der Blog-Beitrag zu unseren zwei Wochen in der Cordillera Blanca hat ein wenig auf sich warten lassen, aber so langsam sind wir wieder im Alltags-Groove und kommen dazu, euch einige Worte und Bilder über unsere Zeit in den Bergen zu schicken.

Mattes hat in den zwei Wochen eine Gruppe von Geografie-Studierenden aus Hamburg betreut, die zum Thema Alternativen zum Bergbau geforscht und die Gemeinden befragt haben, Eva hat Recherchen und Aktualisierungen für den Stefan Loose Reiseführer gemacht und die Kinder haben die Ferien genossen. Wir sind zwei Wochen zwischen Huaraz und Caraz gependelt, haben unseren Freund Adan und seine Frau Eva (wirklich) und ihr Baby Kain (wirklich!!) in der Comunidad Cruz del Mayo besucht, haben die über 6000 Meter hohen Berggipfel bestaunt und die Höhenluft genossen. Am Campo Santo, dem Friedhof von Yungay haben wir ehrfüchtig zum mächtigen Huascarán, dem höchsten Berg Perus (6768m) hinaufgeschaut. Am 31. Mai 1970 hatte ein Erdbeben eine gewaltige Lawine aus Eis, Schlamm und Geröll vom Berg gelöst und begrub an einem schönen Sonntagmorgen das gesamte Dorf Yungay mit einer 5 Meter hohen Schicht unter sich (siehe Titelbild). 20.000 Menschen starben innerhalb weniger Minuten. Das neue Yungay wurde in der Nähe des alten Dorfes, hinter einem schützenden Bergkamm, wieder aufgebaut.

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Was von Yungay übrig blieb: Campo Santo mit dem Huascarán im Hintergrund

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Der höchste Punkt und auch Höhepunkt der Reise war das Fest an der Laguna Parón am 29. Juli, der größten Lagune in der Cordillera. Die Lagune liegt auf 4186 Meter Höhe im Nationalpark Huascarán. Am selben Tag vor acht Jahren, am 29. Juli 2008, hatte die Comunidad Cruz del Mayo die Nutzung des Wassers der Lagune für sich reklamiert und die Wasseranlage des US-amerikanischen Unternehmens Duke Energy besetzt. Duke Energy ist Besitzer des Wasserkraftwerks im Cañón del Pato – einer schmalen Schlucht, in der sich die Cordillera Blanca und die Cordillera Negra bis auf wenige Meter nähern und durch die der Rio Santa fließt.  Die Nutzungsrechte der Laguna Parón waren 1996 unter der Regierung Alberto Fujimoris an das Unternehmen verkauft worden. Bald bekamen die Comuneros die negativen Auswirkungen der Nutzung der Lagune für das Wasserkraftwerk zu spüren: der Wasserpegel der Lagune sank drastisch, die Wassermengen für die Bewässerung der Felder und Äcker in der Gemeinde wurden unregelmäßig. Die Bauern beklagten Ernteausfälle, die Bewohner von Caraz tief unten im Tal die Qualität des Wassers.

2007 kündigte Duke Energy an, mehr Wasser aus der Lagune abzulassen, um mehr Strom zu generieren. Die Comuneros waren alarmiert und sahen ihre Felder, die mit dem Wasser der Lagune bewässert werden, in Gefahr. Duke Energy machte goldene Gewinne mit dem Wasserkraftwerk, Bergbauunternehmen heimsten Millionen mit dem Abbau von Kupfer, Silber und Zink ab, aber die Bauern profitierten davon wenig. 2007 lebten etwa 42 Prozent der Bevölkerung des Departamentos Ancash (in der sich die Cordillera Blanca befindet) in Armut, davon 17 Prozent in extremer Armut. Die Wassermassen, die Duke Energy ab 2007 aus der Lagune pumpte, ließ den Wasserstand der Laguna Parón schließlich auf die Hälfte sinken.

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Weil Gespräche mit dem Unternehmen und den Behörden immer wieder gescheitert waren, organisierten sich im Juli 2008 die Comuneros aus Cruz del Mayo und die Kommission der Nutzer des Unterlaufs Parón-Llullán, in Koordination mit der Provinzverwaltung Huaylas, als „Frente de Defensa de la Laguna Parón y el Medio Ambiente“ und nahmen die Sache selbst in die Hand. Sie besetzten die Wasserentnahmestelle und kündigten an, diese erst freizugeben, wenn die Forderungen der Comunidad ernsthaft Gehör fänden. Drei dicke Schlösser hängen heute am Tor der Anlage, durch die das Wasser ablief. Die Schlüssel liegen bei den Comuneros. Bis heute sind sie die Wächter der Lagune. (zum Weiterlesen ein Artikel en español von CEAS, Mitgliedsorganisation des Red Muqui; sie arbeitet mit den Comunidades in der Region).

Seitdem hat es viele Gespräche mit dem Unternehmen Duke Energy gegeben. 2011 initiierte die Zentralregierung Gespräche zwischen den Parteien, die aber scheiterten. Die Runden Tische wurden 2012 wieder aufgenommen, 2014 einigte man sich schließlich darauf, dass das Unternehmen das Wasser unter der Supervision einer dritten unabhängigen Partei für das Wasserkraftwerk nutzen dürfe. Das Unternehmen hat sich verpflichtet, das Wasser der Lagune künftig nur in Absprache mit der Gemeinde zu nutzen.

Die Comuneros feiern derweil ihr jährliches Fest an der Laguna Parón, einige Tausend sind gekommen, zwei Stunden holperige Serpentinenstraße von Caraz hinauf zu einer der schönsten Lagunen der Cordillera. 200 Combis parken entlang der schmalen Straße, Frauen mit bunten Röcken und großen Hüten haben riesige Töpfe hochgebracht, es gibt Choclo con Queso (Mais mit Käse), Cuy (Meerschweinchen), Papas (Kartoffeln), Mate de Coca (Coca Tee) und Inka Cola, die neongelbe und wahrscheinlich süßeste Limonade der Welt. Sogar ein Eisverkäufer läuft herum, aber es ist schon kalt genug auf über 4000 Metern mit eisigem Wind.

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Auf der Wiese vor dem Refugio, der Berghütte an der Laguna Parón, drängen sich die Menschen, festlich gekleidete Tänzer tanzen im Kreis an langen roten Bändern. Ein paar Männer rudern die Ñusta, die repräsentative Prinzessin dieser Feier fürs Wasser, auf den See hinaus und wieder zurück. Dann werden Reden geschwungen, ein Geistlicher hält eine Zeremonie, der Bürgermeister von Caraz ist da und sämtliche Präsidenten der umliegenden Gemeinden. Auch Mattes darf etwas sagen, er sagt kluge Sachen wie „Agua es Vida“ (Wasser ist Leben) und alle klatschen und fotografieren. Dann  gibt es Musik und Tanz bis in den Abend. Wir fahren schon früher zurück, die Kinder sind ziemlich platt von der Höhe und wollen lieber in Caraz aufs Trampolin auf dem kleinen Jahrmarkt, wo sie jeden Nachmittag gehüpft sind wie wilde Flummis. Wir verabschieden uns also von der blauen Lagune und fahren hinunter nach Caraz, 2000 Meter tiefer. Dort scheint die Sonne, wir essen wie jeden Tag ein Eis in dieser Stadt der Süßigkeiten (Caraz Dulzura ist der Spitzname des Ortes) und werfen noch einmal einen Blick hinauf zu den Bergen. Weit oben, hinter den grünen Hügeln und den grauen Zacken, sehen wir die weiße Spitze des Sechstausenders Huandoy leuchten. Ein Apu, ein beseelter Berg, der über die Lagune wacht. Dann gehen wir Trampolinspringen.

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Ni una menos: Hunderttausende protestieren in Peru gegen Gewalt gegen Frauen

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Hunterttausende Menschen haben am 13. August in ganz Peru gegen die allgegenwärtige Gewalt gegen Frauen demonstriert. Unter dem Motto „Ni una menos“ – „Nicht eine weniger“, das auf die ermorderte mexikanische Aktivistin Susana Chávez zurückgeht, gingen allein in Lima mehr als 150.000 Frauen und Männer auf die Straße. Sie kritisierten die Gleichgültigkeit der Justiz gegenüber Gewaltverbrechen an Frauen. Es waren die bisher größten Demonstrationen gegen Gewalt gegen Frauen in Peru. Die Zeitung „La República“ nannte die Proteste „historisch“. Auch der seit Juli amtierende Präsident Pedro Pablo Kuczynski lief bei dem gewaltigen Protestmarsch durch die Hauptstadt Lima mit. Justizministerin Marisol Pérez Tello sagte, Peru müsse mit seiner traditionellen Macho-Kultur brechen.

Im vergangenen Jahr registrierten die peruanischen Behörden 95 Frauenmorde (Feminizide), in diesem Jahr sind es bereits 54 sowie 118 Mordversuche. Allein in der vergangenen Woche überlebten drei Frauen die Gewalt gegen sie nicht. Die Dunkelziffer ist weit höher. Laut der Ombudsbehörde werden jeden Monat 10 Frauen von ihren Partnern getötet. Eine Studie derselben aus dem Jahr 2015 zeige, dass 81% der Frauen, die einem Tötungsversuch entgingen, danach keinerlei Schutz von den Behörden erhielten.

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Die Weltgesundheitsorganisation führt Peru in einem 2013 erschienenen Bericht auf Platz drei der Länder mit der höchsten Zahl von weiblichen Opfern sexueller Gewalt durch ihre Partner. Umfragen zufolge halten 74 Prozent der Einwohner Limas die Gesellschaft für frauenfeindlich – gleichzeitig aber vertreten 53 Prozent die Auffassung, dass eine Frau im Minirock selbst Schuld daran ist, wenn sie belästigt wird. Auch der peruanische Kardinal Juan Cipriani Thorne hatte vor wenigen Tagen erst öffentlich gesagt, Frauen provozierten sexuellen Missbrauch durch zu aufreizende Kleidung. Aus den Reihen der Politik gab es für die Aussage heftige Kritik: „Herr Kardinal, in den Fällen von Gewalt gegen Frauen gibt es nur einen Verantwortlichen: den Täter“, betonte der Parlamentarier Alberto de Belaunde.

Ausgelöst wurde die Protestbewegung „Ni una menos“ durch Gewalttaten gegenüber Frauen in jüngster Vergangenheit: ein Mann erschlug seine Frau – Mutter seiner sechs Kinder – mit einem Ziegelstein, weil sie in sein Essen zu viel Knoblauch getan hatte. Fernsehbilder zeigten, wie ein nackter Mann eine junge Frau an den Haaren durch eine Hotelhalle in Ayacucho zog,  er bekam dafür nur eine Strafe auf Bewährung. 

Die Fälle lösten einen öf4fentlichen Aufschrei auf. In Folge dessen eröffneten ein paar Frauen eine geschlossene Facebook-Gruppe, die schnell auf 50.000 Mitglieder anwuchs. In der Gruppe veröffentlichten Frauen jeden Alters und mit vollem Namen ihre jeweiligen Gewalt- und Übergriffserfahrungen. Die Idee zum Protestmarsch folgte kurz darauf.